Sind digitale Unter­schriften rechtsgültig? Der Faktencheck

Spätestens seitdem immer mehr Unternehmen auf standortübergreifendes Arbeiten und remote Work setzen, spielen digitale Unterschriften eine große Rolle.

Hand signiert elektronisch auf Bildschirm

14. Juni 2023

Team Leader & Consulting ECM

Statt wie früher Dokumente aufwändig ausdrucken und einzeln unterschreiben zu lassen, durchlaufen sie nun ihren Unter­schriften-Lifecycle per Knopfdruck. Doch so praktisch dieses Vorgehen auch sein mag, die wesentliche Frage lautet:

Sind digitale Unterschriften rechtsgültig zum Beispiel für einen Vertrag? Vorab sei gesagt, ja, das sind sie. Jedenfalls dann, wenn Sie auf das richtige Sicherheitslevel setzen. Die wichtigsten Fakten, die Sie zur digitalen Signatur wissen sollten, haben wir Ihnen zusammengefasst.

Wann ist eine elektro­nische Unterschrift rechtsgültig?

Eine einfache digitale Unterschrift, also eine eingescannte Unterschrift, ist rechtsgültig, solange es sich um einen Vertrag handelt, für den Form­freiheit gilt.

Bei Verträgen ohne Formfreiheiten erlangt eine qualifizierte elek­tro­nische Signatur Rechtssicherheit.

Grundsätzlich lässt sich also sagen: Digitale Unterschriften sind in der gleichen Weise rechtsgültig wie hand­schriftliche Signaturen, solange sie nicht explizit ausgeschlossen sind.

Diese Regelungen gelten für Deutschland

Die eIDAS-Verordnung beinhaltet die zuständige Regelung.

E-Signature Standards – das müssen Sie wissen

Es gibt folgende Varianten der digitalen Unterschrift: einfache, fortgeschrittene und qualifizierte elektronische Signatur, je mit einem eigenen Sicherheitslevel.

  • Einfache elektronische Signatur

    ohne Anforderungen, zum Beispiel eine gescannte Unterschrift oder E-Mail-Signatur  

  • Fortgeschrittene elektronische Signatur

    setzt eine elektronische Ver­schlüsselung sowie ein digitales Zertifikat voraus

  • Qualifizierte elektronische Signatur

    benötigt ebenso eine elek­tro­ni­sche Verschlüsselung sowie ein digitales Zertifikat, ist jedoch an deutlich striktere Anfor­derungen gekoppelt.

Die eIDAS-Verordnung

Medaille für ausgezeichnetes Qualitätsmanagement

Bei der eIDAS-Verordnung handelt es sich um die EU-Verordnung Nr. 910/2014 des Euro­päi­schen Parlaments und des Rates über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Trans­aktionen im Binnenmarkt und zur Auf­he­bung der Richtlinie 1993/93/EG. Sie regelt in Deutschland bzw. in der gesamten EU, dass qualifizierte elektronische Signaturen rechts­gültig sind und manuelle Signaturen ersetzen. Auf dieser Grundlage werden elektronische Unterschriften seit Juli 2016 europaweit anerkannt und eingesetzt.

Digitale Unterschrift: Wann ist sie nicht rechtsgültig?

Haben Sie Ihre Signatur auch als Scan auf dem Computer gespeichert und fügen sie bei Bedarf direkt in ein Dokument ein? Auf diese Möglichkeit greifen viele zurück, schließlich ist sie unkompliziert und ein Dokument mit wenigen Klicks signiert. Doch Achtung: Eine manuelle Unterschrift, die verscannt und in ein Dokument ein­ge­fügt wird, schafft keine Rechtssicherheit für Dokumente ohne Formfreiheit. Eine sol­che elektronische Unterschrift ist weder auf dem Computer noch auf dem Tablet gültig. Es handelt sich lediglich um eine einfache elektronische Signatur.

Außerdem gibt es ein zweites Szenario, in dem eine elektronische Signatur nicht rechts­gültig ist: wenn der Gesetzgeber die elektronische Signatur für ein zu unter­zeich­nendes Dokument explizit aus­schließt. In diesem Falle ist auch eine qualifizierte elektronische Signatur nicht ausreichend. Die Unterschrift muss ver­pflichtend manuell erfolgen, um den Status der Rechts­gültigkeit zu erreichen.

Fazit: Digitale Unterschriften sind nicht rechtsgültig, wenn:

Sie nicht den Kriterien der qualifizierten elek­tro­ni­schen Signatur entsprechen.

Der Gesetzgeber die elek­tro­nische Signatur für das zu unterschreibende Dokument explizit ausschließt.

Webinar: Rechtssicher digital unter­schreiben

Wir zeigen, welche elektronischen Unter­schriften es gibt, welche Dokumente rechtssicher digital signiert werden können, wie dies direkt aus Ihrem DMS erfolgt und wie Sie die digitale Signatur in Ihre Prozesse integrieren.

Diese Verträge unterschreiben Sie rechtsgültig digital

Nun stellt sich die Frage, bei welchen Do­ku­mentformen eine elektronische Unter­schrift möglich ist und welche Version dafür benötig wird. Die gute Nachricht: In den meisten Fällen ist eine einfache bzw. fortgeschrittene elektronische Signatur aus­rei­chend, da für diese Dokumente Formfreiheit gilt.

Einige Beispiele sind:

Bestellungen 

Datenschutzerklärungen 

Unbefristeter Arbeitsvertrag und Mietvertrag 

Non-Disclosure Agreements (NDs) / Geheimhaltungsvereinbarungen

Kaufverträge 

Manche Dokumente sind jedoch nur dann rechtskräftig, wenn sie mit qualifizierter elektronischer Signatur unterschrieben sind. Typischerweise handelt es sich dabei um:

befristeter Arbeitsvertrag und Miet­vertrag

nachvertragliches Wettbewerbsverbot 

Verträge zu Verbraucherdarlehen 

Empfangsbekenntnisse  

Vollmachten 

Sie wollen auf Nummer sicher gehen? In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, trotz Rechtsgültigkeit auf eine manuelle Unter­schrift zu setzen – ein Jurist ist hierfür ihr bester Ansprechpartner.

Achtung, manche Dokumente erfordern eine manuelle Signatur

Kurz zur Erinnerung: Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass Verträge digital unter­schrieben werden dürfen, wenn der Gesetz­geber die elektronische Form nicht explizit ausschließt. Das gilt insbesondere für qualifizierte elektronische Signaturen. Be­sondere Aufmerksamkeit ist zum Bei­spiel bei Kündigungen geboten. Denn diese sind nur dann tatsächlich rechtskräftig, wenn sie händisch und persönlich unter­schrie­ben wurden. Eine qualifizierte elektro­ni­sche Signatur ist nicht ausreichend.

Weitere Beispiele hierfür sind:

Arbeitszeugnisse

Wesentliche Arbeitsbedingungen

Betriebsvereinbarungen

Sozialpläne

Bürgschaften

Digitale Unterschrift: Das sind die Grundlagen in der Schweiz

Was für die EU die eIDAS-Verordnung ist, ist in der Schweiz das Bundesgesetz über die elektro­nische Signatur (ZertES). Es regelt, welche Anforderungen für elektro­nische Signaturen gelten. Achtung ist Geboten, wenn schweizer Unternehmen mit Firmen in der Europäischen Union handeln, denn dann gelten zusätzlich die eIDAS-Vorgaben.

Die wesentlichen Vorgaben der ZertES sind:

Elektronische Signaturen dürfen ausschließlich über anerkannte Zertifizierungsdienste laufen.

Diese Zertifizierungsdienste müs­sen Anbieter für rechts­kon­for­me Identifikationsmethoden sein. Sie müssen Unter­nehmen eine sichere elektronische Signatur garan­tie­ren.

Fazit

Digitale Signaturen sind eine große Er­leich­terung, um in der hybriden Arbeitswelt un­kompliziert Unterschriften einzuholen. Dabei ist jedoch Vorsicht ge­boten, denn je nach Dokumentart können sich die An­for­derungen an die Sicherheitsstufe deutlich unterscheiden. In einigen Ausnahmen ist sogar nur eine handschriftliche Unter­schrift tatsächlich rechtsgültig. Wichtig für Unternehmen: Um auf Nummer sicher zu gehen, nehmen Sie Ihren Anwalt mit ins Boot. Denn mit juristischer Beratung sind Sie auch bei Ausnahmen auf der sicheren Seite, was die Wahl der passenden Signatur betrifft.

Haftungsausschluss: Der Artikel umfasst Informationen zu rechtlichen Rahmen­bedingungen. Er ist jedoch keine Rechtsberatung, zudem kann sich die Gesetzgebung jederzeit verändern. Die Verwendung von digitalen Signaturen hängt weiterhin von internen und Formvorgaben ab und kann von den aufgeführten Beispielen abweichen. Unsere Empfehlung: Stimmen Sie Ihre Anwendungsfälle und Szenarien mit einer Rechtsberatung ab.

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